Freitag, 20. November 2009

Freizeit und Dorfcliquen-Kick

Nachdem jetzt die Nachmittagsbetreuung von Nena schön langsam rund laufen beginnt (Fatima, Cousine eines Angestellten von uns, kommt wochentags je nach Bedarf mittags und kocht bzw. ist am Nachmittag für Nena da) ergeben sich erstmals kleinere Zeitlöcher, in denen ich wirklich „frei“ habe und was für mich machen kann.

Barbara und ich haben begonnen Capoeira Stunden zu besuchen. Da letzten Mittwoch abgesagt wurde, hatte ich das erste Mal Zeit und Lust, Laufen zu gehen. Die Sonne stand schon etwas tiefer und kräftigerer Wind als sonst gab einem das Gefühl, dass es angenehm kühl wäre (~28°C).

Also Laufschuhe angezogen und das erste Mal zu Fuß aus unserem Tor auf die „Dorf-Hauptstrasse“ raus. In der Finsternis solle man sich hier nicht allein bewegen wurde uns gesagt, da es schon mal vorkommt, dass Cunhas (Weiße) weiter hinten beim Leuchtturm ausgeraubt werden. Finster war’s ja noch nicht und so trabte ich langsam los.
Langsam erstens weil ich derzeit (bis auf 3 Capoeira-Einheiten) völlig untrainiert bin (woher auch) und im aeroben Bereich bleiben wollte und zweitens weil jeder Schritt nach vorne zuerst mal im Sand mit Wegrutschen nach hinten begann. Merkt man mit dem Auto gar nicht so :-).

Ich hatte mir ehrlich gesagt die Blicke der „Nachbarn“ schlimmer vorgestellt – so in der Richtung ‚was ist mit DEM los – wozu rennt der – hat er deswegen nachher was zu essen?’ aber mein Dahintraben wurde für meine Wahrnehmung erfreulich gleichgültig registriert.
Außer von zwei kleinen Kötern die glaubten, das Haus ihres Herren schon auf der Strasse beschützen zu müssen und mich aus Leibeskräften ankläfften und herumschnappten. Bis ich ebenso (aus Leibeskräften) antwortete und das Herrl sich bequemte die Köter „zur Vernunft“ zu rufen.

Nach ca. einem Kilometer kam ich beim Brunnen vorbei, woran gleich ein fußballfeldgroßer Sandplatz anschließt. Die Torstangen sind noch zu erkennen und die Wartezeit beim Brunnen kann man sich hier vorzüglich mit einem echten Lederball und Elferschießen vertreiben, welches auch gerade im Gange war, als ich auftauchte.

Ich war natürlich interessiert, wie sich die Jungs anstellen und musste wohl etwas grinsen, als der erste Schuss meterweit übers Tor ging. Ich konnte mir einen schulmeisterlichen Tipp nicht verkneifen und deutete im Laufen mit Blick zu ihnen an, sich doch beim Schuss etwas über den Ball zu halten.
Die Jungs waren ebenfalls interessiert wer da vorbeiläuft, haben meine Geste gesehen oder auch nicht, und winkten mir, dass ich doch hinkommen und es selber probieren soll.
Ups... 8-]
Nach anfänglichem Zögern und nonverbalem Abtasten der Situation (ob sie mit dem Winken und Rufen auch wirklich mich meinten) kam ich näher, kurzes Begrüßungsnicken und der Ball wurde mir auch schon fein säuberlich zurechtgelegt – eher am Sechzehner als am Elferpunkt.

Jetzt bloß nicht drüberschießen.

Ich versuchte mir rasch die Essenzen der Schußtechnikübungen aus meiner Schülerligazeit zu verinnerlichen, fixierte wie unbewusst aber kurz sichtbar die Ecke, in die ich NICHT schießen wollte so dass es der Tormann sah, zweimal Luft holen, kurzer Antritt und – pfoa - war der Ball schwer!

Der Schuss ging zwar knapp über dem Boden auf die gewollte Ecke aufs Tor zu, aber bei weitem nicht so scharf, wie ich das mit dem Kraftaufwand in Erinnerung hatte. Der Tormann zuckte zuerst tatsächlich in die Richtung, in die ich ihn mit meinem Blick und Anlauf schicken wollte, hatte aber aufgrund des wenig kräftigen Schusses noch Zeit, sich es aufgrund der Flugbahn des Balles anders zu überlegen.
Er machte kehrt, sprang auf die richtige Seite, streckte sich, berührte den Ball auch noch aber irgendwie schlüpfte er ihm unten durch.

Großes Gejohle und erleichtertes Durchatmen bei mir – der Cunha hat ihn reingehauen!

Nach kurzem Durchschnaufen erwartungsvolle Blicke und die nächste halbverbale Kommunikation: Wer trifft, geht als nächster ins Tor.
Wieder Ups 8-].

Nachdem ich die nächsten drei halbwegs zentralen Schüsse unter Gejohle wegfaustete kam ein halbflacher, ins Eck platzierter den ich nicht erwischte und war froh, dass ich abgelöst wurde.

Es kam jeder ein paar Mal dran, ich war mit meiner Schussausbeute ganz zufrieden, vorne dabei und musste mich nicht schämen (3 von 5 drinnen, einen flach an die Stange und nur einer verhaut :-) ) und dachte schon, dass es sich nun wieder verlaufen würde, da bemerkte ich, dass die Jungs ein Kickerl besprachen.
Die Outlinie wurde über den Platz in den Sand gezogen, ganz kleine Tore (1,5 x Balldurchmesser) mit Ästchen in den Sand gesteckt und als alles soweit fertig war und ich mich in der Mannschaft mit den Leiberln wiederfand, dachte ich noch kurz, dass das Spielfeld für die Torgröße und meine Kondition aber ziemlich großzügig dimensioniert ist, da ging es auch schon los.

So ein Sandplatz sieht zum Sandspielen sehr verlocken aus, Beachvolleyball eventuell auch noch, Kickn auch, wenn man Kondition und Sandkicktechnik hat.
Nicht, wenn man so wie ich beisammen ist.

Die Jungs sind jedenfalls topfit, äußerst athletisch und laufen seit sie laufen können natürlich im Sand. Ohne Schuhe. Die haben keine Probleme damit, dass jeder Antritt mit Wegrutschen nach hinten beginnt. Ich schon. Nach zwei Minuten war ich fix und fertig und versuchte mich strategisch günstig zu positionieren sodass ich die Zeit bis zum Sonnenuntergang (ungefähr weitere 50 Minuten) überstehen würde.
Ich verlegte mich darauf, Passes abzufangen und bei Ballbesitz schnell wieder gut abzugeben.
Es gelang mir nach Vertrautwerden mit dem Platz sogar ein schönes Tor mit vorherigem 2mailgen Ausspielen der Gegner per Drübersteiger, Körpertäuschung und als Schuss ein Ferserl (das ganze Programm halt :-) ) was bei den Unebenheiten und Zwielicht echt schwierig und glücklich war und mir anerkennendes Schulterklopfen einbrachte.

Generell hatte ich aber meine liebe Mühe den sich ständig verspringenden Ball zu erwischen, unter Kontrolle zu halten, ihn brauchbar weiterzugeben und die braun/grauen Tor-Steckerl im braun/grauen Sand zu sehen.

Dennoch war der Abschied herzlich – nach einem Tor unserer Mannschaft war das Spiel vorbei – ich vermute als Ergebnis 4:3 für uns – so ganz genau war das bei den Diskussionen um die strittigen Torsituationen für mich nicht herauszufinden.

Ich wurde noch einmal umringt und eingeladen doch jeden Tag nachmittags wiederzukommen. Ich dankte, merkte an, dass mir dafür Zeit und Kraft fehlen, ich bei Gelegenheit aber gerne wieder vorbeischaue und trabte, meine Schuhe voller Sand, heim.

Zwei Tage später spürte ich’s noch in den Beinen und irgendwie hab ich mir scheinbar auch das Genick verrissen – ich werde nicht jünger...

Super jedenfalls, dass sich Möglichkeiten auftun mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt zu kommen und ab und zu auf ein Kickerl vorbei schauen zu können!

1 Kommentar:

  1. Deine Übersteiger waren ja schon zu Grazer’s E-Heim-Zeiten legendär. Ich habe ja auch so meine Erfahrung bzgl. Kicken mit der lokalen Bevölkerung. Alles sehr herzlich, bis es dann um ‚die Wuascht’ geht. Pass auf, dass dich dein eigener Vorstopper nicht über den Haufen rennt und du mit kaputtem Knie endest. Das ‚Fitspritzen’ ist ja dann auch nicht deins.

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