Freitag, 20. November 2009

Freizeit und Dorfcliquen-Kick

Nachdem jetzt die Nachmittagsbetreuung von Nena schön langsam rund laufen beginnt (Fatima, Cousine eines Angestellten von uns, kommt wochentags je nach Bedarf mittags und kocht bzw. ist am Nachmittag für Nena da) ergeben sich erstmals kleinere Zeitlöcher, in denen ich wirklich „frei“ habe und was für mich machen kann.

Barbara und ich haben begonnen Capoeira Stunden zu besuchen. Da letzten Mittwoch abgesagt wurde, hatte ich das erste Mal Zeit und Lust, Laufen zu gehen. Die Sonne stand schon etwas tiefer und kräftigerer Wind als sonst gab einem das Gefühl, dass es angenehm kühl wäre (~28°C).

Also Laufschuhe angezogen und das erste Mal zu Fuß aus unserem Tor auf die „Dorf-Hauptstrasse“ raus. In der Finsternis solle man sich hier nicht allein bewegen wurde uns gesagt, da es schon mal vorkommt, dass Cunhas (Weiße) weiter hinten beim Leuchtturm ausgeraubt werden. Finster war’s ja noch nicht und so trabte ich langsam los.
Langsam erstens weil ich derzeit (bis auf 3 Capoeira-Einheiten) völlig untrainiert bin (woher auch) und im aeroben Bereich bleiben wollte und zweitens weil jeder Schritt nach vorne zuerst mal im Sand mit Wegrutschen nach hinten begann. Merkt man mit dem Auto gar nicht so :-).

Ich hatte mir ehrlich gesagt die Blicke der „Nachbarn“ schlimmer vorgestellt – so in der Richtung ‚was ist mit DEM los – wozu rennt der – hat er deswegen nachher was zu essen?’ aber mein Dahintraben wurde für meine Wahrnehmung erfreulich gleichgültig registriert.
Außer von zwei kleinen Kötern die glaubten, das Haus ihres Herren schon auf der Strasse beschützen zu müssen und mich aus Leibeskräften ankläfften und herumschnappten. Bis ich ebenso (aus Leibeskräften) antwortete und das Herrl sich bequemte die Köter „zur Vernunft“ zu rufen.

Nach ca. einem Kilometer kam ich beim Brunnen vorbei, woran gleich ein fußballfeldgroßer Sandplatz anschließt. Die Torstangen sind noch zu erkennen und die Wartezeit beim Brunnen kann man sich hier vorzüglich mit einem echten Lederball und Elferschießen vertreiben, welches auch gerade im Gange war, als ich auftauchte.

Ich war natürlich interessiert, wie sich die Jungs anstellen und musste wohl etwas grinsen, als der erste Schuss meterweit übers Tor ging. Ich konnte mir einen schulmeisterlichen Tipp nicht verkneifen und deutete im Laufen mit Blick zu ihnen an, sich doch beim Schuss etwas über den Ball zu halten.
Die Jungs waren ebenfalls interessiert wer da vorbeiläuft, haben meine Geste gesehen oder auch nicht, und winkten mir, dass ich doch hinkommen und es selber probieren soll.
Ups... 8-]
Nach anfänglichem Zögern und nonverbalem Abtasten der Situation (ob sie mit dem Winken und Rufen auch wirklich mich meinten) kam ich näher, kurzes Begrüßungsnicken und der Ball wurde mir auch schon fein säuberlich zurechtgelegt – eher am Sechzehner als am Elferpunkt.

Jetzt bloß nicht drüberschießen.

Ich versuchte mir rasch die Essenzen der Schußtechnikübungen aus meiner Schülerligazeit zu verinnerlichen, fixierte wie unbewusst aber kurz sichtbar die Ecke, in die ich NICHT schießen wollte so dass es der Tormann sah, zweimal Luft holen, kurzer Antritt und – pfoa - war der Ball schwer!

Der Schuss ging zwar knapp über dem Boden auf die gewollte Ecke aufs Tor zu, aber bei weitem nicht so scharf, wie ich das mit dem Kraftaufwand in Erinnerung hatte. Der Tormann zuckte zuerst tatsächlich in die Richtung, in die ich ihn mit meinem Blick und Anlauf schicken wollte, hatte aber aufgrund des wenig kräftigen Schusses noch Zeit, sich es aufgrund der Flugbahn des Balles anders zu überlegen.
Er machte kehrt, sprang auf die richtige Seite, streckte sich, berührte den Ball auch noch aber irgendwie schlüpfte er ihm unten durch.

Großes Gejohle und erleichtertes Durchatmen bei mir – der Cunha hat ihn reingehauen!

Nach kurzem Durchschnaufen erwartungsvolle Blicke und die nächste halbverbale Kommunikation: Wer trifft, geht als nächster ins Tor.
Wieder Ups 8-].

Nachdem ich die nächsten drei halbwegs zentralen Schüsse unter Gejohle wegfaustete kam ein halbflacher, ins Eck platzierter den ich nicht erwischte und war froh, dass ich abgelöst wurde.

Es kam jeder ein paar Mal dran, ich war mit meiner Schussausbeute ganz zufrieden, vorne dabei und musste mich nicht schämen (3 von 5 drinnen, einen flach an die Stange und nur einer verhaut :-) ) und dachte schon, dass es sich nun wieder verlaufen würde, da bemerkte ich, dass die Jungs ein Kickerl besprachen.
Die Outlinie wurde über den Platz in den Sand gezogen, ganz kleine Tore (1,5 x Balldurchmesser) mit Ästchen in den Sand gesteckt und als alles soweit fertig war und ich mich in der Mannschaft mit den Leiberln wiederfand, dachte ich noch kurz, dass das Spielfeld für die Torgröße und meine Kondition aber ziemlich großzügig dimensioniert ist, da ging es auch schon los.

So ein Sandplatz sieht zum Sandspielen sehr verlocken aus, Beachvolleyball eventuell auch noch, Kickn auch, wenn man Kondition und Sandkicktechnik hat.
Nicht, wenn man so wie ich beisammen ist.

Die Jungs sind jedenfalls topfit, äußerst athletisch und laufen seit sie laufen können natürlich im Sand. Ohne Schuhe. Die haben keine Probleme damit, dass jeder Antritt mit Wegrutschen nach hinten beginnt. Ich schon. Nach zwei Minuten war ich fix und fertig und versuchte mich strategisch günstig zu positionieren sodass ich die Zeit bis zum Sonnenuntergang (ungefähr weitere 50 Minuten) überstehen würde.
Ich verlegte mich darauf, Passes abzufangen und bei Ballbesitz schnell wieder gut abzugeben.
Es gelang mir nach Vertrautwerden mit dem Platz sogar ein schönes Tor mit vorherigem 2mailgen Ausspielen der Gegner per Drübersteiger, Körpertäuschung und als Schuss ein Ferserl (das ganze Programm halt :-) ) was bei den Unebenheiten und Zwielicht echt schwierig und glücklich war und mir anerkennendes Schulterklopfen einbrachte.

Generell hatte ich aber meine liebe Mühe den sich ständig verspringenden Ball zu erwischen, unter Kontrolle zu halten, ihn brauchbar weiterzugeben und die braun/grauen Tor-Steckerl im braun/grauen Sand zu sehen.

Dennoch war der Abschied herzlich – nach einem Tor unserer Mannschaft war das Spiel vorbei – ich vermute als Ergebnis 4:3 für uns – so ganz genau war das bei den Diskussionen um die strittigen Torsituationen für mich nicht herauszufinden.

Ich wurde noch einmal umringt und eingeladen doch jeden Tag nachmittags wiederzukommen. Ich dankte, merkte an, dass mir dafür Zeit und Kraft fehlen, ich bei Gelegenheit aber gerne wieder vorbeischaue und trabte, meine Schuhe voller Sand, heim.

Zwei Tage später spürte ich’s noch in den Beinen und irgendwie hab ich mir scheinbar auch das Genick verrissen – ich werde nicht jünger...

Super jedenfalls, dass sich Möglichkeiten auftun mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt zu kommen und ab und zu auf ein Kickerl vorbei schauen zu können!

Donnerstag, 12. November 2009

Policia, Amigos, mein Laptop und ich (Sicherheit in Mosambik)

Mit der Routine im Alltag schleicht sich auch Unachtsamkeit ein, und so war’s dass eines morgens nach einem kurzen Stopp beim Toyota Büro im Auto etwas fehlte.
Mein Laptop.
Fluchen, U-turn mit quietschenden Reifen, zurück zum Tatort und sinnloses Befragen der Passanten und Guardas, die überall rumstehen (frag mich wozu).
Natürlich hat niemand etwas gesehen. Also auf zur Policia, 2a esquadra de Pemba, Anzeige erstatten.
Nachdem der freundliche und sympathische Sr. Vontade (Chef vom Dienst) in zivil alles notiert hat, gehe ich und soll am Nachmittag wiederkommen.
Kurz darauf, ich und ein Freund sind schon am Stadtrand, einen potentiellen Projektpartner für mich besuchen, läutet das Telefon: Ich möge doch nochmal zurückkommen und den Tatort genau beschreiben. Als wir ankommen, interessiert sich niemand für den Tatort, nur für das Auto. Aha, der weiße Hilux.
Drei Personen in zivil, dem Vernehmen nach Polizei aber nicht wirklich oder so, wurden instruiert und ziehen dann los – Laptop suchen.
Es gäbe übliche Verdächtige für so was, ich soll mich entspannen, sie werden den Laptop schon finden. Ziemlich selbstbewusst, finde ich, kommt mir komisch vor und so richtig entspannt bin ich nicht.
Am Nachmittag komm ich wieder, Sr. Vontade ist nicht da und ich erzähl die ganze Geschichte nochmal dem Chefe da esquadra (der mit den meisten Streifen auf der Schulter und eigenem Büro). Wird schon werden, meint er zuversichtlich – sie tun, was sie können. Dann bekomm ich den Bericht vorgelegt um zu unterschreiben. Ich will vorher Barbara hinzuziehen, weil ich nicht alles verstehe. Als ich mit der Bericht-Schreib-Beamtin kurz allein bin, erfahre ich, in plötzlicher Vertrautheit, dass sie noch Zement kaufen muss (!?), noch 100,- Mtn fehlen und ob ich ihr helfen kann. Mehr so als Aussage denn als Frage.
Ich, ziemlich überrascht, will Zeit gewinnen, Barbara holen und sag, dass ich grad keine 100,- dabei hab, werde aber gleich wieder kommen.
Nachdem ich eine Kopie des zweiseitigen, handgeschriebenen Berichts brauch und ich schon von solchen Fällen hörte, mir es die 100,- Mtn (keine 3€) für die Kopie für die Versicherung wert sind, zahle ich als wir zurückkommen.
Das, obwohl sie, wieder unter Kollegen, das Geld nicht mehr erwähnt. Als Dankeschön quasi für’s Schreiben (wofür sie aber sowieso, zwar schlecht wie man hört, aber doch, bezahlt wird).
Irgendwie komisch – so unter der Hand.

Kaum sind wir dann am Abend zuhause angekommen, wieder Telefon: die Ziviltruppe hat einen Laptop gefunden und ich soll kommen und sagen, ob’s meiner ist. Nicht zur Polizei, sondern zu irgendeinem Platz in der Stadt, keine Passanten, nur Autos, spärlich Licht.
Ich fahr hin, nehm aber außer Telefon und ganz wenig Geld nix mit und – Treffer!
Es ist meiner, tudo completo, mit Tasche, Maus, Netzteil, Kabeln, unberührt und wie wenn er auf mich gewartet hätte.
Einschalten, Hochfahren, Login per Fingerprint, alles da, Festplatte nicht formatiert (hatte ich befürchtet – Passwort cracken hätte ich ihnen hier nicht zugetraut).
SUPER – Dankeschön!
Gern geschehen, aber langsam, langsam. So einfach kann der Lappi nämlich nicht ausgehändigt werden, das sei nämlich so:

[GESCHICHTE]
[Ein amigo der policia hätte bei der policia angerufen nachdem der ladrão (der Dieb) ihm den Lappi verkaufen wollte und er Verdacht geschöpft hätte. Der ladrão lies den Lappi gegen eine Anzahlung von 2.000,-Mtn beim amigo; die restlichen 3.000,-Mtn wolle er am nächsten Tag haben und holen. Das sei der Zeitpunkt, wo die policia zuschnappen wolle. Damit nun der amigo ein amigo bleibe, müsse er natürlich die 2.000,- wieder zurückbekommen. Von mir. So würde das hier funktionieren.]

[Interpretation der GESCHICHTE von Ortskundigen]
[Freunde der Polizei oder sogar die Polizei selber würde stehlen, dem Geschädigten sein Eigentum zurückverkaufen, jeder steckt ein paar Hunderter ein, pronto.]

Jetzt könnte man meinen, 2.000,- Mtn (ca. €50,-) seien der Rede nicht wert, 1x Deppensteuer bezahlen und fertig. Hier ist das aber knapp ein Monats-Mindestgehalt, und: wer einmal Milch gibt, wird immer wieder gemolken...
Abgesehen davon ist es schlichtweg illegal (auch in Mosambik) und korrupt. Das soll zumindest aufgezeigt werden. Ob die [GESCHICHTE] nun wahr ist, oder nicht.

Also was tun?
Ich hatte ja vorsichtshalber zur Identifikation kein Geld dabei. Naja, wenn ich jetzt nicht bezahlen könne, müsste der Chef angerufen werden, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Oje – leider kein credito (= Gesprächsguthaben), ob ich helfen kann? 200,- Mtn für den Chef der „erfolgreichen“ Ziviltruppe.
Also: Aufbewahrung des Laptops in der nahen Polizeistation, am nächsten Tag Bezahlung und Übergabe. Heimbringen eines zivilen Helfers in sein Dorf mit meinem Auto.
Gute Nacht. Guten Morgen.
Die Gedanken rotierten, ich beriet mich mit erfahrenen Freunden. Die pragmatischen meinen „zahl, und du hast den Lappi“, die anderen „zahl, und du zahlst immer“...

Nach langer Beratung gab’s folgenden Plan: Wir gehen aus Sprachgründen zu 2t hin, ich und Leopoldino, unser Portugiesisch-Lehrer, Radioreporter und mittlerweile guter Bekannter, zeichnen die Unterhaltung mit seinem Diktiergerät heimlich auf und spielen das Spiel mit. Solange, bis wir den Laptop haben (der sonst ohne Probleme aus dubiosen Gründen wieder verschwinden könnte) und fragen danach, ob wir für die 2.000,- eine Rechnung mit Stempel und so haben können.
Für uns als Beweisstück und hilft ev. irgendetwas bei der Versicherung. (Zahlt eine Versicherung bei wissentlicher Korruption?).

Alles sehr aufregend.

Wir fahren hin und werden erst mal warten gelassen. Zwischendurch wird uns in 4- bis 6-Augengesprächen von 2 unterschiedlichen Personen die [GESCHICHTE] wieder erzählt und gefragt, ob wir das Geld eh mithätten. Thumbs up, jop - haben wir. Alles klar. Können wir anfangen?
Mmh, der chefe do secretario ist noch nicht da und nur er darf mir mein Eigentum übergeben. Normalerweise beginnt sein Dienst um 7:00. Warum er heute um 9:00 noch nicht da ist, weiß keiner. Anrufen geht nicht (MCEL), ev. hat er ein Transportproblem? Wir holen ihn ab, fahren zu einem Haus, dass zu Fuß keine 10min vom Polizeiposten entfernt ist und warten wieder. Er ist gerade im Badezimmer.
Stirnrunzeln bei uns.
Endlich kommt er, ein junger Bursche. Wir fahren zurück, bleiben freundlich und versuchen die Stimmung positiv zu gestalten.
Zurück bei der Polizeistation, Warten...

Nach insgesamt drei Stunden werden wir schließlich hineingebeten.
Skeptische Blicke auf Leopoldino und die an meinem Hals baumelnde coole Handytasche, worin das versteckte Aufnahmegerät läuft (falls L. nicht mit rein hätte dürfen).
Im Zimmer der chefe da esquadra, chefe do secretario, Schreiberling vom Dienst, Leopoldino und ich.
Die [GESCHICHTE] wird nochmal erzählt, ich hätt’s noch nicht ganz verstanden, umständliches Nachfragen, damit wir alles in den Kasten kriegen. Portugiesisch, Englisch übersetzt und nochmal von vorn.
Aha, aso.
Da kann man wirklich nix anderes machen? Hmhm, komisch aber na gut, wenn zumindest der Laptop wieder da ist. Wo ist der überhaupt?
Jaja, den haben sie.
In Sicherheit.
Ob ich ihn sehen kann?
Naja, dann holen sie ihn halt.
Tatsächlich - er ist da.
Alles auf ‚Band’ und in den Wartephasen hantierte ich spielend mit dem Handy um die handelnden Personen zu fotografieren.
Naja, dann also Geld auf den Tisch, OK.
Die Bestätigung der Aushändigung ist noch zu unterzeichnen - passt.

Lappi bei mir, Geld bei ihnen.

Aha – da steht jetzt aber nix von dem Geld drinnen... – ob ich noch eine Rechnung haben könnte? Sie wissen schon, Versicherung und so.

Auf einmal war mehr Nervosität im Raum - Also das geht jetzt nicht.
Aha, wieso?

In dem Moment geht die Tür auf, die drei Beamten zucken zusammen, erheben sich halb und grüßen mit der Hand an der Kappe.
Sr. Comandante, an die 60 Jahre, Respektsperson. Ob es noch ein Problem gäbe?
Nein, nein, alles klar. Er braucht dann einen von ihnen.
Der chefe da esqudra geht ihm nach, raus, die anderen zwei bleiben und erzählen nochmal die [GESCHICHTE].
pfffffff

Dann kommt der chefe da esquadra retour, setzt sich an seinen Tisch und beginnt zu erklären: die Polizei dürfe offiziell kein Geld nehmen, das Ganze wäre überhaupt eine Angelegenheit des Staates und deshalb auch keine Rechnung.
Wenn ich will, soll ich das Geld wieder nehmen, und legts mir wieder vor die Nase.

Ich, irritiert von so viel Rechtschaffenheit, schau fragend in den Raum.
Die zwei anderen Beamten, irritiert von der 180° Wende, schauen fragend zum Chef, dem es entweder zu heiß geworden war oder der die Lunte gerochen hatte.

Ein paar Mal hin und her überlegt, geschaut, aber wenn er’s so sagt und ich natürlich der gleichen Meinung bin, dann nehm ich’s wieder. Etwas verunsichert.
Ich möchte mich aber erkenntlich zeigen, einfach so, für die prompte Arbeit und ihnen ein refresco, einen Kaffee oder ein Essen zahlen...
Strikte Zurückweisung: Geld annehmen ist verboten. Ehrensache.
Ok, dann, herzlichen Dank, nichts zu Danken, schönen Tag noch und raus.

Draußen vor der Strasse steht noch ein ziviler Kollege der nächtlichen Einsatztruppe. Dem geb’ ich 400,- Mtn zum Teilen mit den Kollegen (wusste offenbar nix vom Geldannahme-Verbot). Der freute sich wie ein Schneekönig und bedankte sich – Ciao!
Ins Auto und [Record] [Stopp].
Durchatmen.

War das jetzt richtig oder haben wir uns die Polizei zum Feind gemacht?
Leopoldino meint Nein, nur Respekt verschafft.
Was die Frage nach einer Rechnung nicht alles bewirken kann.
Alles Gut.

Nächster Tag, 8:00, Telefon, chefe da esquadra.
Sie bräuchten mich nochmal, ein Dokument würde fehlen, ob ich noch einmal kommen kann.
Ich hab eigentlich keine Zeit, Nena im Auto, bräuchte einen Übersetzter / Sparringpartner und das Aufnahmegerät zur Sicherheit, hab einen Termin mit einem potentiellen Projektpartner, den ich schon zweimal wegen dem Sch.... in den Sand gesetzt hab. Heute geht’s wirklich nicht.
Es würd nur 10, 15min dauern.
Ok, ich komm...
Heute mit Barbara, in der Handytasche diesmal tatsächlich das Handy drin und das Diktiergerät in der Hosentasche.

Small talk, Sr. Vontade (der Nette), chefe da esquadra und wir.
Nochmal die [Geschichte] für Barbara.
Nach Rücksprache mit dem Sr. Comandante könnte jetzt doch eine Rechnung ausgestellt werden wie ich gestern gewünscht hätte. Ich solle (bitte) bezahlen und der Polizei helfen.

Jetzt bin ich in der Zwickmühle.

Barbara neben mir, total nervös, bedrängt mich, um der Sicherheit meiner Familie Willen, zu bezahlen.
Stress. Ich komm mir vor wie im falschen Film.

Glücklicherweise hatten wir einige Tage vorher den Chef von Barbaras Schwester Uli kennen gelernt, seines Zeichens ehemaliger EU-Botschafter in Mosambik bis 2006. Wenn wir was brauchen, sollen wir uns an ihn wenden.
Der letzte Trumpf:
Ich war nach unserem gestrigen Gespräch so aufgeregt und verwirrt, dass ich einen kompetenten amigo des ehemaligen embassadors um Rat ersuchte. Dieser bestätigte mir, dass o Sr. Chefe ein Mann der Ehre sein müsse, da alles was er mir gestern erzählte richtig sei: die policia DARF kein Geld nehmen und es IST eine Angelegenheit des Staates, weswegen ich jetzt schon wieder verwirrt sei, wenn ich nun doch zahlen solle.
Mhm, aha.

Sr. Chefe, leicht geschmeichelt aber nicht zufrieden, telefoniert.
Ich soll warten, der Sr. Comandante kommt (vom anderen Ende der Stadt).
Ich hab aber (echt) keine Zeit mehr und will weg (noch einen chefe überstehe ich nicht).
Wir flüchten entgegen Barbaras Willen und vereinbaren stattdessen einen Termin für zwei Tage später – ich brauch Zeit.
Barbara meint, jetzt hätte ich ihn bloßgestellt, wenn der Comandante kommt und wir weg sind.
[Record] [Stopp].

Später, Telefonat mit dem ehem. Botschafter selbst, ob er mir helfen, einen Tipp geben kann. Soll ich zahlen oder nicht? Jetzt, wo ich eine Rechnung bekäme?
Seine Antwort: Nein, Rechnung wäre vermutlich ein fake, Deklaration einer Spende o.Ä. Ich soll nicht zahlen, von den Leuten wegbleiben und künftig besonders auf unsere Sachen aufpassen.

Ich will aber nicht einfach fernbleiben, wo ich das Treffen selbst vorgeschlagen habe und schreibe ein SMS an den chefe da esquadra:

„Habe mit seiner Exzellenz, ehem. EU Botschafter gesprochen. Er erklärte, es ist nicht legal und aus Gründen des Prinzips nicht erlaubt, zu bezahlen. Eine Rechnung macht hier keinen Unterschied. Habe daher beschlossen, das Treffen am Freitag zu canceln. Hoffe, sie verstehen. Hochachtungsvoll, Markus.“

Seine Antwort:
„Guten Tag, Sr. Markus. In gutem Glauben und Willen ist das Treffen am Freitag nicht nötig, aber/und wie ich an jenem Tag schon sagte, Sie müssen nichts bezahlen“


Wollen wir’s hoffen.

MCEL (Internet zu Hause)

Ich hatte aufgehört die Tage und Wochen zu zählen, bis wir endlich unser Equipment für Funkinternet und den Internetvertrag bekommen. Es muss jetzt aber so ca. 3 Monate her sein seit ich dort fragte, was nötig sei und die benötigten Unterlagen (Kopie des Passes, Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Bestätigung von zwei Kollegen, dass wir wirklich da arbeiten, ...) dort binnen zwei Tagen ablieferte.
Seither hatten wir verschiedene Anläufe unternommen, USB-Stick schon ausgehändigt bekommen, mangels Funktion wieder zurückgegeben, SIM Karte NOK, dann andere SIM Karte, Test SIM Karte vom Chef (Maguele) persönlich, ging aber alles nicht.
Jedenfalls gehe ich wie fast jeden Tag wieder zu MCEL um mich zu erkundigen, nur diesmal sieht das Gesicht von Sr. Maguele anders aus als er mich sieht – er hat Neuigkeiten.
Er hat leider Nachricht aus der Zentrale bekommen, dass unser beabsichtigter und von ihm zugesagter Lösungsweg nicht genehmigt wird – zu riskant.
Das Um und Auf der Absage ist das fehlende Bankkonto, welches wir am Anfang als einzige Bedingung umgehen wollten. Die MCEL-Vorgabe dazu lautet nämlich, dass es seit drei Monaten bestehen muss (!!!). Da wir ja unser Gehalt in Österreich aufs Konto bekommen und hier alles (bis auf die Miete in Dollar) tadellos mit der Bankomatkarte erledigen können, wollten wir nicht so lange warten und suchten nach einer schnelleren Lösung...
Nachdem ich damals auf Nachfragen die Auskunft bekam, dass es auch ohne Konto geht und wir monatlich bar zahlen könnten, hatten wir kein Konto eröffnet, womit wir jetzt in Summe 6 Monate versch..... hätten.
Alles ganz locker.

Also was tun?
Nach mehrmaligem Hin und Her und Rückfrage bei H3 haben wir nun die Bestätigung bekommen, dass in unserem Fall doch auch die Kosten von Prepaid Rechnungen anteilig von H3 übernommen werden – anfangs hieß es, dass anteilige Kostenübernahme nur bei Vertragsabschluss möglich sei – Glück gehabt.
Vergleichsweise ruck-zuck konnte jetzt der Stick für die Prepaid-Variante gekauft werden (dauerte nur eine Woche) welcher dann tatsächlich mit zugehöriger Prepaid Sim-Karte funktionierte – „Sie sind mit 236kBit/s verbunden!“ – Yeah!

Die tatsächliche Verbindungsgeschwindigkeit bewegt sich allerdings zwischen 0 und 15kBit/s – Internetsurfen wird damit zu Internet-tauchen (hab gelernt beim Tauchen gibt’s dieses im-Wasser-Schweben, wo sich rundherum alles bewegt, man beobachtet, bewegt sich selber aber nicht), von Skype oder Youtube leider gar nicht zu reden.

Was wir somit gewonnen haben ist die Möglichkeit zuhause emails abzurufen und uns kriechend / schwebend durchs Internet zu bewegen, was wir nur machen, wenn’s wirklich nötig ist oder wir wirklich viiiel Muße haben.

Ich war ab Kauf 2x im Internet, seither gibt’s seit Tagen ein Problem mit dem Handynetz (3G NOK) und es funktioniert leider nicht.

Ich muss sagen, das trübt die Freude ein bisschen...

Rückflugstorno

Unser lange voraus gebuchter Rückflug vom DW-Meeting BEIRA – PEMBA wurde kurzfristig storniert (wir vermuten Auslastungsschwäche, offizielle Erklärung bekommt man aber keine) und wir wurden über Maputo zurück nach Pemba geschickt.
Wer einen Blick auf die Karte wirft, sieht, dass von Beira nach Pemba über Maputo zu fliegen die komplett falsche Richtung ist, aber aussuchen konnten wir es uns ja nicht.
Wir kamen um Mitternacht in Maputo an,


waren um 1Uhr im Hotel, welches zur Kompensation der Mühen ein echtes 5-Sterne-Hotel war und mussten um 6 Uhr wieder raus zum Rückflug nach Pemba. Der Genuss im Hotel war also ein kurzer. Nena hat’s überraschend locker genommen und nur wenig geraunzt.
Vor dem Rückflug gabs dann für Nena als Belohnung eine rosa Autofahrt - sehr lustig :-)

Die Landung in Pemba war dann noch eine Erwähnung wert. Bei böigem Seitenwind hatte der Pilot seine Herausforderung des Tages gefunden. Noch nie bin ich so schräg auf einer Flughafenlandebahn aufgekommen. Wie durch ein technisches Wunder wurde die Maschine aber stabilisiert und planmäßig zum Stehen und Aussteigen gebracht. Danke an alle zuhause, die uns für unsere zwei Jahre hier Glück und Gesundheit gewünscht haben – ein bissl was von dem haben wir an dem Tag sicher am Flughafen „verbraucht“ :-)

Nationalpark Gorongosa

Anschließend zum DW Meeting ging’s mit Andi und Iris, auch zwei turnusgleiche H3ler, in deren Auto zum vom DW-Meeting günstig gelegenen Nationalpark Gorongosa.
Wir hatten unsere Erwartungen niedrig gehalten, da Reiseführer und bekannte Besucher so auf die Art meinten, „Ja, eh schöne Landschaft, aber sonst nicht viel zu sehen...“

Andi und Iris campten und wir, mangels Ausrüstung, leisteten uns eine der relativ neuen Lodges. Nach Sossundenga wie ein 5-Sterne Hotel – echt schön.
Da alles dort aber natürlich tourimässig teuer ist, hatte wir uns bei Shoprite (Supermarkt überall in Mosambik, nur nicht in Pemba) eingedeckt und aßen zumindest einmal am Tag am Campingplatz, inkl. Kochen am Lagerfeuer und Dosenbier. Yeah. Am ersten Abend gleich zwischen Affen und Warzenschweinen.
Wären die nicht gewesen, hätte das genauso gut am Attersee sein können.

Am nächsten Morgen zogen wir früh los um den Park privat mit dem Auto zu erkunden. Da Wasserstellen jetzt am Ende der Regenzeit rar sind, wurden wir mit einem Anblick bei einem fast ausgetrockneten Flussbett beglückt, der reif für die Sendung Universum gewesen wäre:
Alle möglichen Arten von Antilopen, Warzenschweinen, Affen und Reihern ließen sich da blicken und aus einem der verbleibenden Tümpel lies sich das erste Krokodil sehen. Wir standen nur da und waren ganz hin und weg. Das foto kann hier nur ein Hilfmittel sein, sich das vorzustellen...

Das ganze noch am Ende eines Waldstückes wohinter sich eine scheinbar unendlich weite Ebene auftat wo bis zum Horizont immer wieder Herden bzw. einzelne Tiere auszumachen waren.
SEHR SCHÖN.
Das war dann auch schon das Highlight, wir fuhren zwar noch einige Zeit herum, und fanden wohl auch besagte Tiere immer wieder einzeln an, die „großen“ ließen sich aber noch nicht blicken.

Am Nachmittag buchten wir dann einen sogenannten Gamedrive. Mit einem umgebauten Landrover (hinten eine kleine Tribüne drauf, damit exzellente Sicht über das 2 Meter hohe Gras und Gebüsch) ging’s los, und zwar in die Gegend des Parks, wo wir am Vormittag noch nicht waren. Glücklicherweise waren in der Gegend auch Löwen gesichtet worden – wir wagten es aber nicht zu hoffen, dass wir einen, sozusagen in freier Wildbahn, treffen würden.
Zuerst kam mal lange nur Kleingetier, was wir schon kannten. Danach aber in der Ferne im Gras: Elefantenrücken – ohne den Führer und Wagen nicht zu entdecken. Wir setzten ihnen nach und kamen tatsächlich ziemlich nahe, bis der Guide plötzlich abdrehte: Es waren Elefantenkinder dabei und damit zu gefährlich, näher zu kommen. Trotzdem super schön anzusehen.


Danach, weiter, Löwensuchen. Jedoch schien es sich der König des Parks woanders gemütlich gemacht zu haben und wir fuhren, immer desillusionierter, leere km hin und her. Zwischendurch wieder Elefanten, blinder Alarm, bis dann entschieden wurde, auf einer großen Lichtung Rast zu machen und dann heimzufahren.

Scheinbar hatten wir vorher jedoch Interesse bei den Elefanten geweckt, denn als alle ausgestiegen waren, kam 200m entfernt aus dem Busch, einer nach dem anderen, eine ganze Herde heraus. Gemächlich, majestätisch und ein bisschen vorsichtig. Wir auch (vorsichtig). Und vor allem aufgeregt. 15 Stück! So nahe und gut sichtbar wie noch nie vorher – ein echtes Highlight. Fotos ohne Ende und unser Fahrer drängte schon zur Heimfahrt.



Wir waren spät dran, die schnelle Dämmerung hatte schon voll eingesetzt und per Funkgerät wurde unsere Verspätung angekündigt, damit nicht der Suchtrupp losgeschickt wurde. Während des Funkspruchs plötzlich eine Vollbremsung, Rückwärtsgang und 10 Meter zurückgesetzt: Da stand sie, halb auf dem Weg, wie unbeeindruckt von den Eindringlingen mit den Scheinwerfern, den Kopf leicht schräg geneigt, uns im offenen Wagen musternd als ob sie sich dachte: „und wer seid ihr?“
Eine Löwin auf der nächtlich beginnenden Beutejagd, zuvor noch schnell an einem Wasserloch vorbeischauend.

Glücklicherweise kam das große Auto und dessen Inhalt scheinbar als Nahrungsmittel nicht in Frage. Am kurzen Weg zum Wasserloch wagte es der Fahrer der Löwin nachzufahren und sie zu beleuchten, die Fotos wurden aber vor Aufregung und in der Eile leider nix.

Am nächste Morgen (Sonntag) unternahmen wir noch eine Privatfahrt und hatten nach langer Suche noch mal Glück Krokodile und Hippos zu sehen.

Alles in allem ein sehr gelungener Ausflug, bei dem wir alles Glück hatten und sahen, was wir nicht zu hoffen gewagt hatten. Wir glauben, dass diese Zeit, kurz bevor der Regen kommt, wohl die günstigste ist um den Park zu besuchen, da die Artenvielfalt um die Wasserstellen ansonsten vermutlich nicht so gegeben ist. Ein echter Ausflugstipp!

Freitag, 6. November 2009

DW Meeting (19. – 26/27.10)

2x pro Jahr treffen sich die „development-worker“ (DW), also die Entwicklungsarbeiter pro Organisation und Land, um sich auszutauschen.
In unserem Fall gings dazu per Flug wieder in den angenehm kühleren Süden (Beira) um danach mit dem Auto nach Sossundenga, eine Distriktshauptstadt in der Nähe von Chimoio.
Nach der 2 Stunden verspäteten Ankunft am Flughafen Beira (LAM – mosambik. Luggesellschaft wurde kürzlich wegen seiner Flugplantreue ausgezeichnet) fiel mir als erstes die Toilette auf, die wie aus einer anderen Welt war: ein Pissoir, bei dem mit Wasser gespült wird, ein Wasserhahn, der in der Mitte des Waschbeckens montiert ist und wo auch Wasser rauskommt wenn man sich die Hände Waschen möchte UND ein elektrischer, automatischer, funktionierender (!) Föhn zum Trocknen. Wahnsinn.

Nachdem uns die Autofahrt nach Sossundenga in die Nacht gebracht hätte (zu gefährlich), checkten wir kurzfristig wieder in der Pension vom ICT ein. Jedes Mal wieder eine Herausforderung.
JA unser Kind braucht und bekommt ein eigenes Bett und wir möchten zwei Handtücher für drei Leute, wir Spießer.
Die Autofahrt am nächsten Tag verlief glatt (Danke Markus Pscheidt!) und angekommen in Sossundenga wieder die gleiche Diskussion. JA, drei Betten für drei Leute. Dass das versprochene Badezimmer noch ein Fliesenhaufen und verschlossen war, hat uns schon gar nicht mehr richtig gejuckt.
12 Leute, 1 Klo mit Kübeldusche geht ja auch. Was hätten’s denn da früher getan.

Am nächsten Tag war dann Magdalenas Auge richtig zugeschwollen. Insektenbiss oder irgend eine Gräserallergie hat unser anwesender Arzt gemeint. Nach zwei Tagen wars auch schon fast nicht mehr zu sehen (die Schwellung).
SEHR angenehm war dort, dass es am Abend mal richtig kühl wurde – worauf ich gleich einen Schnupfen bekommen hab :-).
Die gruppendynamischen Prozesse und das Protokoll erspare ich Euch an dieser Stelle.

In Summe sehr gut, die KollegInnen wieder zu sehen und sich auszutauschen - beim gemeinsamen Ausflug gabs dann einen Abstecher zum Fuße eines nahe gelegenen Berges -


dabei Nena standesgemäß am Kopf transportiert - wird ganz schön warm :-)