Montag, 2. Mai 2011

UGANDA

Ich hatte die Ehre gemeinsam mit einem Kollegen aus Beira ausgewählt worden zu sein um an einer Fortbildung in Kampala / Uganda teilzunehmen. Hand in Hand damit ging auch die Möglichkeit ein paar Kollegen in deren Projekten dort zu besuchen um somit einen kleinen Einblick in andere Länder und Sitten zu bekommen.






Unglücklicherweise hatte die Regierung von Uganda bei den vor kurzem abgehaltenen Wahlen scheinbar die Staatskasse geleert und sah sich so gezwungen diese wieder zu füllen. Erhöhte Steuern auf Treibstoffe, Erhöhungen bei den öffentlichen Studiengebühren (auf 200%!!) und gesteigerte Preise bei Grundnahrungsmitteln provozierte den Protest der Opposition, welche die Bevölkerung aufrief jeden Montag und Donnerstag zu Fuß zur Arbeit zu gehen (Demonstrationsverbot) um so friedlich zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich den motorisierten Transport nicht mehr leisten konnte.
Die Absicht war friedlich nach nordafrikanischem Vorbild (nicht Libyen, aber Tunesien und Ägypten), die Reaktion des Machtapparates war vorsichtig formuliert „überzogen“.
Polizei, Militär, Panzerfahrzeuge, Tränengas und scharfe Munition, welche laut Order und Berichten nur nach oben in die Luft gefeuert wurde. Mysteriöser Weise wurden dabei mindestens 5 Personen, darunter ein Kleinkind, getötet, und mehr als 150 Personen zum Teil schwer verletzt und in Krankenhäuser eingeliefert.
Wir kamen „genau richtig“ – am Eingang zur Uni waren Sicherheitskräfte postiert – wir wurden aber durchgewunken und von unserem Fahrer vorsichtig durch den Campus zum Institut chauffiert, an dem wir einen Termin hatten. Nach kurzer Beratung mit unserem Kollegen kamen wir zu dem Schluss das Treffen abzuhalten. Wir waren durch die zwei Schüsse mit Tränengas mehr beunruhigt als er, der das schon zu kennen schien. Nach dem Termin bevorzugten wir die Ausfahrt durch den Hintereingang, welche sich ohne Komplikationen bewältigen ließ. Wir waren jedenfalls froh, als wir wieder draußen waren.
Die Fortbildung und unsere Unterkunft waren in einem ruhigen Teil der Stadt angesiedelt, welcher durch die Unruhen nicht betroffen war – nur die Besuche im Zentrum der Stadt fielen ins Wasser. Wir konnten uns somit voll auf die interessanten Inhalte konzentrieren und hörten nur ab und zu Einsatzfahrzeuge mit Vollgetonhorn auf der nahen Straße vorbeifahren. Die machen das aber sicher auch ohne Unruhen ab und zu.
Da mein Rückflug mangels Alternativen als letzter aller Teilnehmer erst am Samstag früh ging, hatte ich den fortbildungsfreien Karfreitag für andere Unternehmungen frei.
Ein Pater hatte mich schon während der Woche angesprochen, dass er gerne meinen tontechnischen Rat hätte bei seinem Projekt in seiner Diözese (Jinja), 120km von Kampala entfernt. Also kam ich nach Abstimmung mit meinen Chefs in den Genuss Uganda auch von der Straße und der ländlichen Seite aus kennen zu lernen.
Nach dem Projektbesuch und meinen Beratungen zeigte sich Pater Richard sehr dankbar und chauffierte mich zu den Sehenswürdigkeiten in der Gegend – welche die Kathedrale








auf eine Anhöhe, von welcher man die ganze Stadt übersehen konnte, den Ursprung des Nils und dessen Wasserfälle miteinschloss.








Nach dem Ausflug, welcher den ganzen Tag beanspruchte, kamen wir fix und fertig am Abend wieder im Hotel an (er musste wieder zurückfahren!) und ich packte meine Koffer und reiste am nächsten Morgen ab, um pünktlich zum Ostersonntag wieder zu Hause zu sein.

Quartalsbericht

Es hat sich einiges getan, aber der Reihe nach:

ABSCHIED
Weihnachten in Pemba in trauter Dreisamkeit, Silvester in Zweisamkeit, da Barbara schon im Flugzeug Richtung Wien saß.



Auf den letzten Drücker sozusagen, in der 35igsten Schwangerschaftswoche. Beim Einchecken in Pemba mussten zwei Zeugen ein Formular unterschreiben, das die Fluglinie im Falle von Komplikationen schadlos hält. Nachdem wir nur zu dritt dort waren und Nena als Zeugin noch nicht akzeptiert wurde musste als zweiter Zeuge ein wildfremder Stadtbewohner herhalten, von dem wir zumindest wissen, wo er wohnt ;-).
Nena war ganz schön traurig, als Mama mit dem Flugzeug wegflog, schlussendlich war’s aber mit Papa zu zweit gar nicht schlecht, und schließlich gibt’s ja Skype!
Kurzfristig alleinerziehend und berufstätig hat seine Qualitäten aber auch Herausforderungen – ohne Haushaltshilfe kann und will ich mir das grad gar nicht vorstellen.



REISE NACH EUROPA
Schließlich war’s soweit. Nachdem wir die Wochen und Tage bis zu unserem Abflug schon von Barbara’s Abschied an gezählt hatten stiegen auch wir in den Flieger. Zuerst nach Johannesburg und dort mal Pause.
Der ursprüngliche Flug nach JNB, mit dem wir die gesamte Reise bis Wien innerhalb von 24h hätten bewältigen können war nicht ausgelastet (Nena und ich wären die einzigen Reisenden gewesen) und wurde somit 2 Wochen vor dem Tag X gestrichen. Der Ersatzflug implizierte 4 Tage Aufenthalt in JNB. Zum Glück kamen wir bei einer Freundin von Barbara’s Schwester, Catharine welche in Pretoria wohnt, unter. Was heißt kamen wir unter – wir wurden aller herzlichst aufgenommen, abgeholt, bewirtet, durften uns wie zu Hause fühlen, Tennisplatz und Pool verwenden, machten gemeinsame Unternehmungen und wurden schlussendlich sogar wieder zum Flughafen chauffiert. DANKE nochmal Catharine!
Den ersten Hauch von Europa bekamen wir beim Boarden in JNB (SUISS-AIR) zu spüren als uns Schweizer Dialekt um die Ohren schwirrte, den zweiten Hauch als wir nach dem Nachtflug am Flughafen Zürich schlaftrunken in der Früh im Transferzug zum nächsten Flug mit HEIDI-Jodl-Almen Idylle beglückt wurden. Technisch interessant realisiert, da das fenstergroße Bild im Tunnel außerhalb des Zuges auf einem riesigen (als solches fast nicht wahrnehmbaren) Display zu sehen war und sich mit gleicher Geschwindigkeit wie der Zug unterwegs war, draußen mitbewegte – somit aus dem Zug betrachtet als stehend wahrgenommen werden konnte UND man damit aus dem Zug Heidi für die Dauer der Werbeeinschaltung vor dem Matterhorn beim Jodln zuschaun konnte…
Meine letzten gespeicherten Natureindrücke aus SA waren Nashörner die wir am Tag vor unserem Abflug sahen und ich wähnte mich zuerst beim Anblick der Schweiz-Werbung in einem wilden Traum, in dem das mächtige Tier mit dem Felsmassiv durcheinandergekommen war, „Nas-“ und „Matter-“ ineinander mutierten, das Endprodukt stellte sich als Enkelin des Almöhi heraus und begann zu jodeln. Nix für schwache Nerven…
Jedenfalls war ich zu dem Zeitpunkt noch nicht richtig wach und musste mich kurz vergegenwärtigen ob ich bei Bewusstsein war und bin bis jetzt im Zweifel, aber ich trau’s ihnen zu, den Schweizern ;-)
Der Flug Zürich-Wien ist noch eine eigene Erwähnung wert, v.a. wenn man zwei Jahre lang keinen Schnee und keine (richtigen) Berge mehr gesehen hat. Sehr schön.


WIEN
In Wien wurden wir von Barbara, Abel-Oma und Angela (Nenas gleich alte Cousine) inkl. einem Berg Winterkleidung herzlich begrüßt. Mit dem Zwischenstopp in JNB/Pretoria hatten wir uns ja schon etwas auf den Klimawechsel einstellen können und so war der Sprung nicht ganz so groß – außerdem hatten wir Sonne mitgebracht.
Die Luft war kalt und angenehm klar zum Atmen (trotz der nahen ÖMV-Raffinerie) und hatte einen Tick von Heimat.
Die Straßen ohne Löcher, Strom und Internet ständig funktionstüchtig, Schwarzbrot zum Essen und die besten Delikatessen dazu: Käse, Schinken, Speck, frische Salate (trotz Winter) und umsorgt von der Schwiegermama, - kurzum: alles was das Herz begehrt ;-)


Ein Kurzbesuch bei den ehem. Kollegen bei AKG um Ersatzteile zu besorgen machte die unterschiedlichen Welten noch deutlicher, erinnerte mich natürlich auch an die Zeit vor Mosambik. Nach kurzem bekam ich privilegierter Weise schon das eine oder andere Funktionsmuster vorgestellt, welches es bald als Produkt zu den Kunden schaffen soll – ich freu mich schon drauf ;-).
Nach Ausschlafen und Familienbesuchen gings weiter zur nächsten Station:



VÖCKLAMARKT
Mein Bruder Hannes hatte uns mitsamt Sack und Pack in Wien abgeholt und so sparten wir uns die Schlepperei zum und vom Zug und außerdem wollten wir die Fahrzeit nützen um uns seit langem wieder mal ungestört unterhalten zu können. Das funktionierte solange bis mich die Müdigkeit übermannte und ich wegnickte… War trotzdem super und DANKE nochmal!
In Vöcklamarkt angekommen war schon alles für unseren Einzug vorbereitet, die ehemalige Wohnung von Omi einmal durchgeputzt, der Keller mit Estrich, Dosen, Licht und Verputz versehen so dass zumindest mal das Schlagzeug aus der Wohnung runtergeräumt werden konnte und später mal ein Proberaum draus werden kann. SUPER.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten, hätte es eigentlich plangemäß losgehen können, unser Baby ließ sich aber noch Zeit und befand, die Mama solle sich erst Mal entspannen 
Ich ging inzwischen mit Barbara zu Voruntersuchungen in Krankenhäuser, mit Nena in den Schnee zum Bob-Rutschen,


half Papa am Computer und versuchte auch etwas runter zu kommen. Nena und Tobias wissen, wie das am Besten geht!

KATHARINA ZURI
Als wir sozusagen an und zur Ruhe gekommen waren war’s soweit und nach einem Kurzaufenthalt im Kreissaal war Katharina Zuri geboren!




Alles ging glatt und wir waren froh über den medizinischen und sonstigen Infrastrukturstandard, der uns zur Verfügung stand. Sich vorzustellen wie es ohne alldem gewesen wär löst unmittelbar Unbehagen aus.

FORMALITÄTEN
Nachdem Zuri ganz entspannt etwas später auf die Welt kam, verkürzte das den Abstand zu unserer natürlich schon vorher gebuchten Rückreise. Hier in umgekehrter Reihenfolge: Nena und ich zuerst weil mein Urlaub ja beschränkt ist, Barbara mit Zuri danach. Damit Zuri mitdurfte, brauchte sie natürlich auch alle möglichen Dokumente – hier der Reihe nach:
- Geburtsurkunde (dafür die jeweilige von Vater, Mutter und deren Heiratsurkunde)
- Meldezettel
- Staatsbürgerschaftsnachweis
- Reisepass (natürlich mit Passfoto)
- Visum für Mosambik aus Berlin
Außerdem waren die Anträge für Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld zu stellen (Zweiteres erst mit zuerkannten Ersterem möglich) und abseits von allem sollte unser Zwutschkerl erstmal Mama, Papa und ihre Schwester kennenlernen, ordentlich trinken und schlafen, gebührend „Willkommen“ geheißen werden und zumindest zu den erreichbaren Freunden von Mama und Papa sowie allen Verwandten bis einschließlich dritten Grades einmal „Hallo!“ gesagt haben ;-).
Wir waren gut beschäftigt in den knapp zwei zur Verfügung stehenden Wochen.
Hier finde ich es noch angebracht eine Lanze für die österreichische Verwaltung und die meisten darin Tätigen zu brechen: ich wurde an allen Stellen zumindest höflich und manchmal mit Bitten und Hinweis auf unsere zeitlich dringliche Situation zuvorkommend behandelt sodass es schlussendlich gelang, alles rechtzeitig abzuwickeln. Wenn ich mir selbiges in Mosambik vorstelle überkommt mich zuerst ein kalter Schauer und dann ein wahnsinniger Gesichtsausdruck. Geschätzte Durchlaufzeit für all das: ca. ein halbes bis ein ganzes Jahr, gespickt mit Unvermögen und Schikanen.
Ich werde künftige Diskussionen über Unzulänglichkeiten des österreichischen Verwaltungsapparates als ‚Raunzen auf hohem Niveau‘ betrachten können.

GLÜCKLICH VEREINT

Nachdem wir auch unsere Rückreisen ganz ohne Komplikationen, mit nur drei Tagen Warten in einem guesthouse in Johannesburg hinter uns gebracht hatten, kamen Nena und ich zuerst an und fanden unser Haus in Pemba nach 5 Wochen mit geschlossenen Türen und Regen komplett verdreckt und verschimmelt an.
Dreck, welcher durch Wind und Regen vom Naturdach und den darin lebenden Bewohnern (Gekkos, alle möglichen Insekte und Spinnen) nach und nach runtersegelte und Schimmel, weil wir diese Erfahrung noch nicht hatten und niemanden regelmässig zum Durchlüften schickten, und somit die Feuchte mit dem organischen Substrat von oben einen optimalen Nährboden bildete. Lecker.
Nach drei Tagen putzen, neuen Matratzen, komplette Wäsche der meisten gelagerten Anzieh-teile waren wir soweit, dass es sich wieder wie „zuhause“ anfühlte. Barbara kam eine Woche später und wir konnten sie mit Zuri somit im „gemachten Nest“ begrüßen.

KINDERMÄDCHEN
Dona Munaite kannten wir schon von Nena’s Kindergartenfreund Silvan und seinem Bruder Yannik – sie betreute beide. Es traf sich glücklich, dass deren Eltern entschieden ihren nächsten Lebensabschnitt in Peru anzutreten – just zu dem Zeitpunkt, ab dem wir jemanden als Hilfe für Zuri brauchten.


Wir vereinbarten somit den „Deal“ und die Sache war abgemacht. Nena war natürlich etwas traurig, dass ihr Freund Silvan nun so weit weg ist – Munaite ist derzeit nur ein schwacher Trost, obwohl sie sich sehr gut verstehen und mögen (Nena schreit seit kurzem „du hast einen dicken Hintern“ im lokaler Sprache Makua herum…). Auch Katharina fühlt sich scheinbar in den erfahrenen Händen sicher und verlangt nur ab und zu sehr bestimmt nach Mama. Richtig so!